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Lactatio (Milchwunder) der Jungfrau Maria

Schon sehr früh in der christlichen Kirchengeschichte tauchen Geschichten oder Visionen auf, bei denen die Jungfrau Maria (erwachsene) Gläubige oder sogar Heilige stillt. Als Phänomen war dies nicht ganz neu, denn andere Religionen/Kulturen kannten oder kennen dies ebenfalls. Das Bild dahinter ist stets, daß der Gläubige Kraft, Wissen, Glauben, Gesundheit, Geborgenheit oder anderes von der Muttergottheit erhält.

So weit die Theologie. Aber wenn man lange hungert, wird man vom Essen träumen. Und wenn man jahrelang im Zölibat lebt, hat das auch seinen Einfluß auf die Träume. Und sag' jetzt bitte nicht, daß ich schlecht über Heilige rede, denn ich rede ja gar nicht schlecht über Mönche und Nonnen, die in ihren Visionen aus Marias Brüsten trinken. Sie haben ihren Eros für religiöse Zwecke eingesetzt, nichts weiter...

Man könnte ein ganzes Buch über Marias Milch in der christlichen Geschichte schreiben. Dafür ist hier aber nicht der passende Platz. Eine zentrale Rolle bekommt Marias Milch, seitdem der (heilige) Bernhard von Clairvaux bekanntgab, daß Maria ihm in einer Vision die Brust gegeben hatte. Der heilige Bernhard (1090-1153) war nun aber nicht irgend ein kleiner Mönch, sondern der Gründer des Zisterzienser-Ordens und er hatte faktisch mehr Macht, als der damalige Papst.
Nach Bernhard taucht die Vision des Stillens immer wieder auf, wobei auch Jesus oder männliche Heilige in den Visionen Milch spenden. Zum Beispiel ist in den Akten zum Heiligsprechungsprozeß der Klara von Assisi festgehalten:
(...)
Dritte Zeugin:
(...)
29.
Auch erzählte diese Frau Klara, daß es ihr einmal in einem Traumgesicht schien, daß sie ein Gefäß mit warmem Wasser und ein Handtuch zum Trocknen der Hände zum heiligen Franziskus brachte; und sie stieg eine hohe Treppe hinauf, aber sie ging so leicht, als ob sie zu ebener Erde ginge. Und beim heiligen Franziskus angekommen, nahm dieser Heilige eine Brustwarze von seiner Brust und sagte zur Jungfrau Klara: "Komm, nimm und sauge!" Und als sie gesaugt hatte, redete ihr der Heilige zu, daß sie noch einmal saugen dürfe; und was sie daraus sog, war so süß und köstlich, daß sie es auf keine Weise beschreiben könnte. Und nachdem sie gesaugt hatte, blieb jene Rundung, d.h. die Öffnung der Brust, woraus die Milch floß, zwischen den Lippen der seligen Klara. Und als sie das, was ihr im Munde geblieben war, mit den Händen anfaßte, schien es ihr, als sei es klares und leuchtendes Gold gewesen, so daß sie sich ganz darin sehen konnte, gleichsam wie in einem Spiegel.
Die "Milch des Glaubens" wird zum festen Wortbild und schließlich wird es sogar zum Zeil der katholischen Lehre, daß Marias Milch wesenhafter Bestandteil der christlichen Eucharistie ist (neben Fleisch und Blut Christi). Und Johann Heinrich Oswald lehrt 1850 in "Dogmatische Mariologie", daß ein Tropfen von Marias Milch das Fegefeuer auslöschen könne. Auch davon gibt es etliche Gemälde. Aber wie gesagt, das ist noch lange nicht alles - ich lasse stattdessen einfach ein paar Bilder sprechen. Zuvor nur noch ein Zitat:
Mechthild von Magdeburg (1212-1294):
Eia, darnach werden wir in unsäglicher
Lust schauen und erkennen die Milch und die Brüste,
die Jesus so oft geküßt hat.

Lactatio des Heiligen Bernhard
Illustration zu einem Gebetsbuch
Etwa 1490-1500
Die Lactatio wird fast immer in Form eines Milchstrahls dargestellt. Anatomisch ist das natürlich falsch, es sind stets etliche Milchstrahlen, in mehrere Richtungen.
Lactatio des Heiligen Bernhard
Alonso Cano
Noch einmal Bernhard
Quelle leider unbekannt.
Sankt Petrus von Nolascus (1182-1256)
Peru 17. Jh
Stillen des Sankt Cajetan
Juan Tinoco, Mexiko 17. Jh
Heilige Margareta Ebner (Margrete Ebner), etwa 1291-1351
Maria stillt einen Mönch
Aus einer Bilder-Bibel
Frankreich um 1290-1300

Und zum Schluß noch ein Luther-Zitat:
Aber ich mag Marien Brüste noch Milch nicht, denn sie hat mich nicht erlöset noch selig gemachet.
Luther lehnte nämlich jede Vermittlungs-Instanz zwischen Gott/Christus und Menschen ab. Als er im Sterben lag, revidierte er dies jedoch ein ganz klein wenig:
Las mich zu frieden mit deiner Sorge, Ich hab einen bessern Sorger, denn du und alle Engel sind, der ligt ynn der krippen und henget an einer Jungfrawen Zitzen, Aber sitzet gleich wol Zur rechten hand Gottes des allmechtigen Vaters, Darumb sey zu frieden, Amen.