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Interview mit Roland Schöbl
Autor des Buchs
Erotische Laktation

Christine: Im September 2007 erscheint dein Buch Erotische Laktation. Ich danke dir, daß wir das erste Interview bekommen. Was ist drin in deinem Buch?

Roland Schöbl: Umgekehrt. Danke an Euch, immerhin habt ihr mir tiefe Einblicke in euere Intimsphäre gegeben. Ohne Euch wäre ich nicht sehr weit gekommen.
Also, bevor ich direkt auf den Inhalt komme, muß ich voransetzten, daß für Ende des Jahres ein zweites Buch geplant ist, und zwar das Buch Süße Milch. Dieses Buch wird eine Fortsetzung und ganz starke Erweiterung des Buchs Erotische Laktation sein. Das Buch Erotische Laktation bleibt direkt am Thema, während das Buch Süße Milch viel mehr in die Breite gehen soll.
Es war mir wichtig, erst einmal eine systematische Beschreibung des Erwachsenenstillens voranzuschieben, weil es die bisher noch nicht gibt. Also jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Und vor allem gibt es nichts, was auch nur halbwegs einem wissenschaftlichen Anspruch genügt. Damit meine ich jetzt nicht eine staubtrockene Darstellung, sondern vor allem, daß man kritisch beleuchten muß, was es tatsächlich gibt und was nicht - oder was Realität ist und was Wunschdenken. Außerdem sind im Buch Erotische Laktation viele Quellenangaben und es wird eine Umfrage detailliert beschrieben, die ich zum Thema gemacht hatte.

Christine: Kannst du ein paar ganz konkrete Beispiele zum Inhalt sagen?

Roland Schöbl: Um mal halbwegs einen Überblick zu geben:
Ich mußte erst einmal fragen, was wir überhaupt über das Thema wissen. Da ist zum Beispiel die Frage, warum Frauen überhaupt Brüste haben. Lach nicht, das ist eine durchaus ernste Frage, denn Affenfrauen bekommen erst unmittelbar zum Säugen Brüste und nach Ende der jeweiligen Säugezeit bilden die sich auch weitgehend wieder zurück. Auch die Brüste als erogene Zone und ihre Rolle insgesamt werfen eine Menge interessanter Fragen auf. Das alles läuft bei mir nicht auf die Behauptung hinaus, das Stillen des Partners wäre die geheime vergessene Funktion der weiblichen Brüste, denn ich wüßte nicht wie man das beweisen sollte. Aber aus allem ergibt sich sehr wohl die logische Frage, ob das alles zusammen nicht einen Reiz für beide Geschlechter ergibt, vielleicht doch mal zu naschen oder mehr daraus zu machen. Übrigens auch bei Lesben.
Zum zweiten habe ich eine Umfrage gemacht "Würdest du deinen Partner deine Milch trinken lassen?" bzw. umgekehrt an die Männer, ob sie die Milch ihrer Frau trinken würden und zusätzlich auch an die Lesben. Bei der Antwort konnte man zwischen der Note 1 (igitt) bis 6 (wunderschöner Traum) wählen. Insgesamt haben knapp 9000 Personen teilgenommen, die Umfrage sagt also durchaus etwas aus. Ich war extrem überrascht, wie viele erwachsene Leute die Phantasie vom Stillen haben, also besonders, weil es ja überhaupt gar kein Thema ist, weder in normalen Gesprächen, noch in der Fachliteratur.
Und dann habe ich auch sehr viel in Kultur und Geschichte recherchiert. Einiges davon habt ihr ja schon von mir bekommen [Anm. für www.stillbeziehungen.org], andere Sachen sind im Buch Erotische Laktation und noch mehr kommt ins Buch Süße Milch. Das fängt bei einem alten ägyptischen Liebesgedicht an und geht übers europäische Mittelalter bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts, wo das Erwachsenenstillen in Deutschland als richtge Geheimlehre existiert hat.
Mit dazu gehört natürlich auch die Erwachsenenstillbeziehung an sich, die Induktion der Milchbildung und die körperlichen, sozialen und psychischen Auswirkungen der erotischen Laktation. Auch da gab es einige hochinteressante Sachen.

Christine: Ist das Buch Erotische Laktation eher nur für Fachleute?

Roland Schöbl: Es ist natürlich ein Sachbuch. Aber die Sprache ist lebendig, die Themen sind hochinteressant und unnötige Fachbegriffe habe ich vermieden. Bisher waren noch alle Leser der Kontrollausdrucke begeistert, also scheint es nicht gar so übel zu sein. Mindestens das Thema an sich scheint ja so ziemlich für alle faszinierend zu sein...

Christine: Erzähle noch die Geschichte mit dem Professor.

Roland Schöbl: Also ich hatte das Thema ursprünglich mal als psychologische Diplomarbeit geplant. Und einer der Professoren schaute mir tief in die Augen und sagte: "Herr Schöbl, so was gibt es gar nicht...". Mir war damals erst einmal die Sprache weggeblieben, aber schon auf dem Nachhauseweg fand ich die Szene eher absurd-komisch und ich beschloß, nun gerade am Thema zu bleiben.
Für mich war die Entdeckung, daß eine Frau regelmäßig ihren Liebsten stillt oder umgekehrt der Mann regelmäßig die Milch seiner Frau trinkt, eigentlich gar nicht so überraschend, und noch weniger war es für mich in Bezug auf Lesben. Für mich war es eher so, daß der Gedanke ans Stillen logisch konsequent ist, wenn die Brüste schon eine erogene Zone sind, wenn die Männer schon auf Brüste abfahren, wenn es ein normaler Bestandteil des Liebesspiels ist, die Brüste zu küssen und daran zu saugen und wenn es schon möglich ist, die Milchbildung jederzeit auch ohne Geburt gezielt hervorzurufen. Es ist eine andere Frage, ob man tatsächlich aufs Stillen kommen muß. Das muß man durchaus nicht. Aber man könnte. Es ist schon erstaunlich, daß noch niemand dazu geforscht hat.

Christine: Du hattest eine winzige Kostprobe aus deinem Buch versprochen...

Roland Schöbl: Habt ihr doch schon... Aber eine Ergänzung aus Spaß habe ich, es ist ein Leserbrief aus dem Jahr 1906 zu Carl Buttenstedt's Geheimlehre:


Das Buch gibts bei Denkholz und kostet 22,50 Euro.
Rezension von Carlo:
(mit freundlicher Genehmigung des Autors)

Gestern Vormittag lag (...) das lange bestellte Buch "Erotische Laktation " von Roland Schöbl endlich bei mir im Briefkasten und ich will gerne meine Meinung zu diesem Buch zum Besten geben, weil ich es für wertvoll halte und wirklich für etwas neues und nie dagewesenes. Wenn man aus eigenem Antrieb eine Rezension zu einem Buch schreibt, dann ist man entweder begeistert oder stinkwütend über den Fehlkauf. Ich bin begeistert!

Da wäre zum ersten der äußere Eindruck. Es ist ein schwarzes Buch in festem Einband, sehr schön aussehend. Auch innen sieht man, daß der Layouter sein Handwerk beherrscht - sehr hochwertiges Glanzpapier und die Seiten ganz schwach mit dem Oberkörper (=den Brüsten) einer nackten Frau hinterlegt. Aber nicht aufdringlich, sondern ganz dezent und die gewählten Frauen heben sich sehr angenehm von dem Typ Frau ab, der einem üblicherweise von den Plakatwänden entgegensieht. Normale Frauen sicher, stillende Frauen vielleicht. Eine insgesamt sehr ästhetische Aufmachung.

Und nun zum Inhalt. Ich hatte befürchtet, daß das Buch in einer ausgetrockneten gestelzten Wissenschaftsprache daherkommt, um nur ja einen schönen Sicherheitsabstand zum Thema halten zu können. Aber nein, im Gegenteil. Das Buch überrascht mit seinem lockeren Erzählstil, verzichtet auf unverständliches Fachkauderwelsch, ohne dabei seinen fachlichen Anspruch zu verlieren und ist außerdem mit einer ganzen Anzahl Bildern illustriert. Ach wenn Wissenschaft doch immer so aufgemacht wäre...

Beim ersten Durchblättern blieb ich gleich auf Seite 8 hängen, wo das Gemälde eines Heiligen abgebildet ist, der Milch aus der Brust der Jungfrau Maria trinkt, mit einer Detailaufnahme der Brust und der ausführlichen Bildunterschrift. Ein gewagter Einstieg ins Thema, aber ganz sicher ein passender, denn Bild und Text zusammen werden wohl auch den größten Zweifler überzeugen, daß das Gemälde eine eindeutige Erotik ausstrahlt.

Dann faßt der Autor zusammen, was über das Thema bekannt ist, nämlich fast nichts. Als Ausgangspunkt geht er dann ausführlich auf die Funktion der weiblichen Dauerbrüste ein, als erogene Zone, als Blickfang für die Männer ... und, ach ja, es wird vor allem darauf hingewiesen, daß nur Menschenfrauen dauerhafte Brüste haben, andere Säugtiere aber nicht. Und noch etwas: Die Männer schauen den Frauen doch erst auf die Brüste und erst danach ins Gesicht. Haben spezielle Brillen bestätigt.
Die durchaus interessanten Vorbetrachtungen laufen schließlich darauf hinaus, warum noch niemand laut die Frage gestellt hat, ob an den Brüsten nicht mehr interessant sein könnte, als nur das Aussehen. Stimmt, warum auch nicht! Und ich war gleichzeitig trotzdem erleichtert, daß der Autor dem Leser nicht die These zumutet, daß der Mann ganz gewiß nur an der Milch der Frau interessiert ist, denn dann wäre diese Rezension bestimmt anders ausgefallen und auch den Versuch dazu hätte ich ihm übelgenommen.

Ab Seite 20 stellt der Autor eine von ihm durchgeführte Umfrage mit insgesamt knapp 8000 Personen vor. Er hatte an die Frauen die Frage gestellt, ob sie ihren Partner ihre Milch trinken lassen würden bzw. umgekehrt an die Männer, ob sie die Milch ihrer Partnerin trinken würden. Die entsprechende Frage wurde getrennt davon auch an die Lesben gestellt. Das Ergebnis ist tatsächlich die auf dem Umschlag versprochene Überraschung: Auf einer Skala von 1-6 vergaben 35% der Frauen die höchstmögliche Note "Wunderschöner Traum", bei den Männern 45% und bei den Lesben gar 56%! Ich habe einmal alle zustimmenden Skalenpunkte von "wunderschöner Traum" bis "recht gerne" zusammengerechnet und kam dabei auf folgende Zahlen: Frauen=60%, Männer=70%, Lesben=80%. Das hätte der Autor durchaus noch hervorheben sollen. Besonders interessant fand ich, daß durch die Skalierung nicht nur eine allgemeine Einstellung sichtbar wird, sondern durchaus noch mehr.

Fast am interessantesten fand ich den geschichtlichen Teil des Buchs, der von einer verrückten japanischen Fernsehshow bis zum ägyptischen Ramses reicht. Es wird eine alte römische Geschichte erzählt, bei der ein verhungernder Vater im Gefängnis heimlich von seiner Tochter durch die Brust ernährt wird, von mittelalterlichen Visionen, in denen die Junfrau Maria unzähligen Mönchen die Brust reicht und es ist von einem völlig verrückten Flugpionier die Rede, der Anfang des 20. Jahrhunderts die Ehepaare durchs Stillen zu Glück und ewigem Leben bringen wollte.

Und dann ist, wie es der Buchtitel ja nahelegt, von erwachsenen Stillpaaren die Rede: aus welcher Motivation heraus sie zum Stillen gekommen sind, welche Besonderheiten es dabei gibt und anderes mehr. Auch gesundheitliche Fragen in diesem Zusammenhang werden besprochen. Mehrere Seiten umfaßt auch die Frage, daß eine Frau auch ohne Schwangerschaft Milch bekommen kann und wie das geht. Auch die Auswirkungen auf das sexuelle Begehren werden besprochen und die Auswirkungen auf die Partnerschaft, wobei hier einige außerordentlich interessante Forschungsergebnisse zur Wirkung des "Still-Hormons" Oxytocin zur Sprache kommen.

Das Buch wird an keiner Stelle eintönig und fast alles war neu für mich. Dabei geht der Autor sehr kritisch mit seinen unzähligen Quellen um und zieht seine Schlußfolgerungen mit Vorsicht. Das muß man bei einem solchen Thema wohl auch. Aber ich persönlich hätte durchaus gerne noch provokantere Thesen gehabt, was sich aus der Deckung heraus leicht sagen läßt. Negativ anzumerken habe ich eigentlich nur die Tippfehler, die sich alle paar Seiten fanden (Lektor krank oder Datei verwechselt?!). Ansonsten warte ich gespannt auf das angekündigte Buch "Süße Milch" des selben Autors. Das Buch bekommt von mir die maximale Punktzahl.